Sigrid Hess

Das Sharing-Team

6. Oktober 2014

Gerade komme ich aus meinem ersten Coaching-Seminar nach Hause. Dabei habe ich eine sehr gute Methode kennengelernt, mit der in einer Gruppe eine Lösung für das Anliegen einer Person gefunden werden kann. Ich habe es als bereichernd und wirkungsvoll erlebt.

Das Setting:

Eine Gruppe von 5 – 12 Menschen ist beisammen. Es geht um die Lösung eines Problems, das eine der Personen betrifft. Die anderen Personen sind persönlich nicht betroffen. Man sitzt im Kreis mit oder ohne Tisch. Zunächst wird eine Gesprächsleitung bestimmt, die die Rahmenvorgaben im Auge behält.

Das Thema:

Die betroffene Person schildert in ca. 5 min. ihr Anliegen. Gerne inklusive der damit verbundenen Emotionen. In unserem Fall ging es um das Führen eines Projektteams zur Zielvereinbarung, die von höherer Stelle vorgegeben war und sehr „sportlich“ in den Ansprüchen.

Die Klärungsfragen:

Die Zuhörer haben nun ca. 5 – 10 Minuten Zeit, sachliche Klärungsfragen an den Themengeber zu stellen. Es geht lediglich um das genaue Verständnis des Anliegens. Die Zuhörer sprechen nicht miteinander, es findet keine Diskussion statt, und keinesfalls werden schon Lösungsvorschläge gemacht. Es ist nur ein Frage-Antwort-Pingpong zwischen Themengeber und Zuhörern. Es geht darum, das Anliegen wirklich zu begreifen.

Die Sharing-Runde:

Hierfür sind 20 – 30 min. Zeit, der Themengeber ist ganz „aus dem Spiel“. Gerne kann er sich auch physisch aus dem Kreis zurückziehen und in einem zurückgesetzten Stuhl Platz nehmen (Sehr bequem, mit Getränk – auch Liegestuhl und Sonnenbrille ist denkbar …).

Die Teilnehmenden ergreifen nun reihum das Wort. Jede und Jeder erzählt, was das Thema bei ihr oder ihm ausgelöst hat, wo Ähnliches oder Gegenteiliges geschehen ist und auch welche Emotionen das Berichtete auslöst. Wichtig sind dabei die Wertungsfreiheit und der Bezug zur eigenen Person. (Falsch: „Dieser Mitarbeiter ist aber auch wirklich nicht tragbar!“ Besser: „In meinem Projekt hatte ich einen Mitarbeiter, der ganz ähnlich drauf war. Ich musste mich oft sehr beherrschen höflich zu bleiben.“). Dabei wird der Themengeber nicht direkt angesprochen, und es findet unter keinen Umständen eine Diskussion oder eine Lösungsfindung zum heute gehörten Fall statt. Die Leitung achtet sorgfältig darauf. Erstaunlicherweise hatten in meinem Erleben gerade Menschen, die mit dem Satz begannen „So kenne ich das gar nicht, aber …“ sehr wertvolle Beiträge zu leisten.

Bericht des Themengebers:

Nach dieser Runde kommt der Themengeber wieder in den Kreis und reflektiert ca. 5 – 10 min. lang das Gehörte. Dabei muss keineswegs jeder Beitrag kommentiert werden! Es geht nur darum, was wurde gehört, was kann man daraus mitnehmen. Jetzt kann der Themengeber aus dem Gehörten Lösungswege finden. Er kann das berichten, muss aber nicht. Alle anderen hören zu! Der Themengeber wird nicht unterbrochen.

Mein Nutzen:

Sowohl das „Sharen“ wie auch die Verbindungen, die sich daraus für den Themengeber entwickelt haben, waren für alle Teilnehmenden hoch interessant. Ich selbst werde diese Methode in längere Seminare einbauen, wenn ein Gruppenmitglied ein Anliegen hat, bei dem ich gerne das Wissen der Gruppe nutzen möchte, ohne dass eine Person die Rolle des „Lehrenden“ einnimmt.

Ihr Nutzen:

Wie eingangs gesagt, das ist nichts für Teamkollegen zu einem Thema, das alle betrifft. Aber vielleicht gibt es ein Thema eines Teammitglieds mit einem Lieferanten? Oder zu anderen Bereichen außerhalb des Teams? Dann könnte der Teamleiter mit dieser Methode die Erfahrungen und das Wissen der Kollegen nutzen, ohne direkte Handlungsanweisungen zu geben.
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